Futter für den Kopf

Das Kunstfestival 48 Stunden Neukölln widmete sich in diesem Jahr dem rätselhaften Thema „Kafayı yemek / Ich esse meinen Kopf“.

Nord-Neukölln stand vom 24. bis zum 26. Juni ganz im Zeichen der 48 Stunden Neukölln. Die türkische Redewendung „kafayı yemek“ heißt wörtlich übersetzt „seinen Kopf essen“. Sie wird als positive oder negative Reaktion in den verschiedensten Momenten benutzt, etwa im Sinne von „Ich werd’ verrückt“.

Mit bildender Kunst, Performances, Musik und Theater stellte das Festival in diesem Jahr die Kunst im öffentlichen Raum in den Mittelpunkt. Rund 230 Aktionen fanden an über 180 Orten statt – immer kostenlos und natürlich auch im Flughafenkiez.

Die Köpfe des Sasarsteigs

Dem Sasarsteig ein Gesicht geben – das wollte das Kiezkollektiv mit der Aktion „Sugarcoating Sasarsteig“. Auf drei Fototafeln sind Passantinnen und Passanten zu sehen, die vom Kiezkollektiv gefragt wurden: Wie fühlst du dich? Was brauchst du jetzt? Was ist dein „Zuckerwatte-Moment“? Die Menschen wurden von Ribana Schmidt fotografiert und in einem Mosaik angeordnet. Der Verein Kiezkollektiv wird im Auftrag des Quartiersmanagements Flughafenstraße im September auch ein Nachbarschaftsfest am Sasarsteig und den Trödelmarkt auf dem Boddinplatz organisieren.

Nah am Festivalmotto blieb die Mitmach-Aktion „Iss doch meinen Kopf, aber warte, ich wachse noch“ von Sonja Knüppel. Auf dem Boddinplatz konnten die Teilnehmenden aus einem lufttrocknenden Ton ihren eigenen individuellen Pflanzentopf mit Gesicht formen. Die Prinzessinnengärten in der Hermannstraße stellten dazu Samen essbarer Pflanzen zur Verfügung, die zusammen mit dem Tontopf mitgenommen werden konnten.

Viel los auf dem Kindl-Gelände

Ein Hotspot des Kunstfestivals war wieder das Kindl-Gelände. In den Räumen des Kindl-Zentrums für zeitgenössische Kunst fanden verschiedenste Performances statt. Viel Spaß hatten die Besucherinnen und Besucher des Kesselhauses zum Beispiel mit „The Huggers“ von Helena Her: Mit den überlangen Stoffarmen konnten sie sich und andere umarmen und so die fehlende körperliche Nähe der vergangenen zwei Pandemiejahre ein bisschen nachholen.

Der Zuhause-Kiosk hat ein oben offenes Rondell mit weißen Wänden aufgebaut, das man einzeln betreten und selbst mit Farbe und Pinsel weitergestalten durfte. Nebenan im Info-Pavillon haben an allen drei Tagen Körperkünstler, Tänzer, Musiker und „weitere Kreaturen“ unter dem Titel „The Fool Cabaret“ eine bunte Mischung aus Workshops, Performances und Ausstellungen geboten. Es war ein „Fest der dunklen Seite und des Wahnsinns“ angekündigt – die dröhnenden Töne, die am Samstagnachmittag mit Tanzbewegungen moduliert wurden, traten in Konkurrenz zum Donnergrollen des vorbeiziehenden Gewitters.

Mehr Kunst überall auf den Straßen

In den Neuköllner Straßen fanden an diesem Wochenende auch zahlreiche Aktionen statt, die nicht zum offiziellen Programm der 48 Stunden gehörten. Vor dem Global Village traten Tanzgruppen zu Musik aus aller Welt auf. Auf dem Gehweg vor dem Loophole in der Boddinstraße erzeugte eine achtköpfige Band mit elektrisch verzerrten klassischen Instrumenten einen intensiven, jazzigen Lärm.