Neue Kunst im alten Bierpalast

Im beeindruckendsten Gebäude der ehemaligen Kindl-Brauerei gibt es seit vier Jahren ein Zentrum für zeitgenössische Kunst.

Quelle: Jens Sethmann

Quer durch die große Halle des Kesselhauses zieht sich ein hoher Zaun mit Stacheldraht-Krone. Zu beiden Seiten dieser Grenze stehen sich fahrbare Lautsprechertürme gegenüber, die sich gegenseitig beschallen. „Schizo Sonics“ heißt die Installation des Künstlers Nik Nowak, die sich mit der Verwendung von Klang als Waffe und Propagandainstrument auseinandersetzt. Die Szenerie erinnert an die Lautsprecherwagen, die in den 1960er Jahren beiderseits der Berliner Mauer versuchten, sich gegenseitig zu übertönen.

Kalter Krieg für die Ohren

Wie alle Kultureinrichtungen musste auch das „Kindl – Zentrum für zeitgenössische Kunst“ im November schließen. Doch durch die großen Fenster des Kesselhauses links neben dem Eingang kann man Nik Nowaks Installation gut betrachten, wenn man auch auf die Beschallung verzichten muss. Sie ist dort noch bis zum 16. Mai 2021 aufgebaut. Die Chancen, dass man sie sich noch direkt ansehen und anhören kann, stehen also gut. Auch die anderen aktuellen Ausstellungen im Haus laufen noch bis in den Februar.

Seit 2016 ist das Backsteingebäude mit dem weit sichtbaren Turm ein Ort der Kunst. Der zwischen 1926 und 1930 nach dem Entwurf der Architekten Hans Claus und Richard Schepke errichtete Brauereikomplex besteht aus Kesselhaus, Turm, Maschinenhaus und Sudhaus. Die sechs Sudpfannen aus Kupfer waren seinerzeit die größten Europas und sind heute noch beeindruckend.

Barrierefreier Zugang zur Kunst

Nach der Aufgabe der Bierproduktion kauften Salome Grisard und Burkhard Varnholt im Jahr 2011 das Ensemble und bauten es denkmalgerecht um. Die auffälligste Änderung ist das außen an der Ostseite angefügte Treppenhaus, durch den das ganze Gebäude barrierefrei zugänglich gemacht wurde. Ausstellungen gibt es im Kesselhaus und auf den drei Etagen des Maschinenhauses. Das Sudhaus wird vom Café Babette genutzt, das im Sommer auf dem Vorplatz auch einen Biergarten betreibt.

Das Kindl arbeitet gemeinnützig. Alle Einnahmen werden für die Ausstellungen verwendet. Die Kunst soll hier ein breites Publikum erreichen. Dazu gibt es Vorträge, Gespräche mit den Künstlerinnen und Künstlern, Podiumsdiskussionen, Führungen, Workshops und ein vielseitiges Bildungsprogramm, insbesondere für Neuköllner Schulklassen. Jugendliche haben generell freien Eintritt und am ersten Sonntag im Monat ist der Besuch für alle kostenlos. Das liegt zurzeit zwar alles auf Eis, aber der „Kultur-Lockdown“ wird schließlich nicht ewig andauern.

Kindl – Zentrum für zeitgenössische Kunst
Am Sudhaus 3, 12053 Berlin
Öffnungszeiten: Mi 12 – 20 Uhr, Do – So 12 – 18 Uhr
Eintritt: 5 Euro, ermäßigt 3 Euro, Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre frei, jeden ersten Sonntag im Monat Eintritt frei

Aktuelle Informationen zur Öffnung:
www.kindl-berlin.de
Tel. (030) 832 15 91 20